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Fünf Tipps, wie Sie es vermeiden, weich gekocht zu werden

Ende letzten Jahres begleitete ich den Kauf eines ausländischen Unternehmens für einen Schweizer Mittelständler – ein spannendes Projekt, in dem ich auch die Verhandlung führte. Der Käufer bekam während des Verhandlungsprozesses weiche Knie und hätte beinahe Millionen versenkt.

Bei Zukäufen ist eine der größten Herausforderungen, den Kaufpreis zu bestimmen, der notwendig ist, um den Deal zu machen, und der nicht größer ist als der Wert des Unternehmens. Rein rechnerisch ist dies schon nicht leicht. Man muss die Zukunft vorausplanen, Profitmargen annehmen, Synergien und Kosten schätzen usw. Doch als noch weitaus schwieriger erweisen sich im Prozess der Preisverhandlung oft die emotionalen Hürden, die sich die Käufer selbst auferlegen. Diese Hürden wurzeln in den Interessen der handelnden Personen und können ganz unterschiedlicher Natur sein. Prinzipiell können wir aber zwischen Eigeninteressen von Managern und Unternehmensinteressen unterscheiden.

Beispiele für Managerinteressen (Eigeninteressen):

  • Erreichen von Umsatzzielen und den damit gekoppelten Boni
  • persönlicher Erfolg mit erfolgreichem Dealabschluss
  • Vergrößerung des Einflussbereichs und der Macht im Unternehmen, zum Beispiel durch eine größere Abteilung mit mehr Mitarbeitern

Beispiele für Unternehmerinteressen (Firmeninteressen):

  • Schließen von Lücken (Know-how, Technologie etc.)
  • Erreichen einer kritischen Größe
  • Markteintrittsbarrieren überwinden

Die Interessen sind so stark, dass sie den Deal und den Kaufprozess grundlegend bestimmen. Das heißt, dass angestellte Manager meist einen anderen Fokus haben als Eigentümer und daher auch anders agieren. Die Einschätzung, wer welche grundlegenden Interessen verfolgt, ist daher für den Verhandlungsführer eine Erkenntnis, die er sich über den Prozess hinweg mühsam erarbeiten muss, um sie nutzen zu können. Über Eigeninteressen wird nur selten gesprochen, es sind die kleinen Bemerkungen am Rand, die zählen, sowie die Antworten auf Sondierungsfragen des Verhandlers.

Wenn man sich in einem Bieterprozess wiederfindet, sind Entscheider oftmals eher gewillt, an Ihre Preisgrenzen zu gehen als bei einer exklusiven Verhandlung zwischen nur zwei Parteien. In letzterem Fall stehen die Chancen für den Käufer, einen guten Preis zu verhandeln, eigentlich günstiger, da der Druck von außen nicht hinzukommt und der Verkäufer diesen nicht als Machtmittel in der Verhandlung einsetzen kann. Was aber, wenn der Verkäufer Erwartungen hat, die schlicht unrealistisch hoch sind? Dann hat man in exklusiven Verhandlungen den Nachteil, dass der Verkäufer keinen Vergleich zu anderen Angeboten hat, die allesamt wohl kaum seine Erwartungen erfüllt hätten.

In diesem Projekt ließ der Verkäufer uns klar wissen, dass er den bisherigen Prozess als Zeitverschwendung ansah, nachdem wir unser lächerlich tiefes Angebot gemacht hatten. Da ich den Verkäufer bereits als sehr offensiven Verhandler kennengelernt hatte, war ich von dieser Äußerung nicht sonderlich beeindruckt. Mein Mandant aber sehr wohl.

Ich hatte zu einem niedrigeren Gebot geraten, als der Mandant selbst zu zahlen bereit war. Schließlich möchte ich für meine Mandaten möglichst viel Wert schaffen. Auch mit einem um ein paar Millionen höher angelegten Angebot wäre meiner Erwartung nach genau der gleiche Kommentar vom Verkäufer als Reaktion erfolgt. Dennoch wurde die Situation für mich schwierig. Da es meine Empfehlung war und der Prozess zu platzen drohte, musste der Schuldige, als die Emotionen aufkochten, nicht lange gesucht werden.

Der Verkäufer wollte das Angebot studieren und sich wieder bei uns melden. Er meldete sich aber nicht. Und je länger es dauerte, desto negativer wurden die Gefühle meines Mandanten. Sie mögen jetzt denken, wer den Druck nicht ertragen kann, der soll eben nicht pokern. Na ja, so einfach ist das nicht. Bei M&A-Transaktionen sind die Werte, die verhandelt werden, meist sehr hoch und es sind, wie ich oben ausgeführt habe, in der Regel auch Karrieren mit dem Projekterfolg verbunden. Bei hohen Einsätzen fällt das coole Pokerface schon schwer – wenn man kein Spieler ist (und in diesem Geschäft ist man besser keiner). Je länger ein solcher Prozess dauert, desto größer wird die Gefahr für den Manager, dass er von der Unternehmensführung für ein Scheitern des Prozesses kritisiert wird. So kommt es zum Dealfieber.

Mein Mandant war nach kurzer Zeit des Wartens bereit, das Angebot zu erhöhen, ohne dass der Verkäufer sich je zurückgemeldet hatte. Dies ist ein sehr schönes Beispiel, wie man Zeit und Termindruck als Machtmittel in Verhandlungen nutzen kann.

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Wie zu erwarten war, stellte sich am Ende des Prozesses heraus, dass die Zeitverzögerungstaktik zum einen den privaten Urlaubsplänen des Managers, der den Verkauf leitete, geschuldet war und zum anderen auch Versprechungen, die er der Unternehmensführung hinsichtlich des Projektendes gemacht hatte. Für die Unternehmensführung waren diese Termine nicht wirklich wichtig.

Wenn Sie demnächst in den Ring müssen, dann lesen Sie meine 5 Tipps für bessere Angebotsverhandlungen:

  1. Terminieren Sie Ihr Angebot. Mehr als 14 Tage Gültigkeit des Angebots sind in der Regel nicht notwendig. In dieser Zeit sollte jeder Entscheider beschließen können, ob er ein Projekt mit Ihnen machen möchte oder nicht. Lassen Sie Ihr Angebot auslaufen, wenn der Verkäufer sich nicht entscheiden kann – eventuell kommt er später auf Sie zurück. Dann haben Sie eine höhere Machtposition gewonnen und können ganz legitim weitere Bedingungen in die Verhandlungsmasse einbringen.
  2. Lassen Sie nicht zu, dass Ungewissheit als Hebel gegen Sie genutzt wird. Kündigen Sie mit dem Angebot stets an, wann Sie sich zur Besprechung des Angebots persönlich melden werden. Dies hat den Vorteil, dass Sie nicht den Eindruck erwecken, auf glühenden Kohlen zu sitzen (gleich anzurufen und zu erfahren, ob das Angebot angenommen wird). Zudem kommen Sie nicht in die Situation, dass Sie auf eine Reaktion warten müssen und Ihre Geduld auf die Probe gestellt wird. Fragen zum Angebot können Sie gleich im Gespräch adressieren.
  3. Lassen Sie sich nicht hetzen und zu etwas drängen, das Sie später bereuen. Wenn Sie vom Verkäufer gedrängt werden, bis zu einem bestimmten Datum den Deal abzuschließen, fragen Sie, warum das Datum so wichtig ist, und geben Sie nicht nach, bis Sie eine logische, nachvollziehbare Antwort haben. Zwei, vier oder acht Woche später einen Deal zu machen, sollte eigentlich immer möglich sein. Fragen Sie sich auch: Wie steht es mit Ihren Interessen? Hatten Sie genügend Zeit für eine ausreichend tiefe Due Diligence? Gibt es Ziele, die das zu kaufende Unternehmen erst noch erfüllen muss, damit klar wird, ob der Businessplan wie gezeigt auch realistisch ist? Hier gilt es abzuwägen, Dealsicherheit zu vermitteln und dennoch nicht vorschnell in eine Transaktion einzusteigen, wenn wichtige Erkenntnisse noch ausstehen: Verbaue ich mir die Chance auf einen Kauf, wenn ich mich nicht an geforderte Deadlines halte? Oder gebe ich nur dem Druck nach, weil ich Angst habe, nicht zum Zug zu kommen? Weniger beteiligte oder externe Dritte können in dieser Frage gut als Sparringspartner fungieren.
  4. Schreiten Sie zur Tat und haben Sie Alternativen parat. Wenn Sie, wie empfohlen, nach Versenden des Angebots mit dem Verkäufer telefonieren möchten, bereiten Sie sich vor. Überlegen Sie sich, wie Alternativen zu Ihrem Angebot aussehen könnten, bei denen Sie nichts verlieren, sondern eventuell sogar noch dazugewinnen. Ist der Verkäufer ein guter Verhandler, wird er niemals Ihr erstes Angebot annehmen. Wenn Sie anrufen und vorbereitet sind, haben Sie einen Vorteil, denn Ihr Gesprächspartner ist es möglicherweise nicht (so gut). Sollten viele neue Fakten und Forderungen im Gespräch auftauchen, stellen Sie viele W-Fragen, paraphrasieren Sie, um die Sachlage eindeutig zu verstehen, und fassen Sie das Gesagte zusammen. Bitten Sie schließlich um Bedenkzeit und rufen Sie zurück, wenn Sie wieder gut vorbereitet für das nächste Verhandlungsgespräch sind.
  5. Stehen Sie Ihren Mann (oder Ihre Frau). Knicken Sie nicht ein, wenn Sie doch in eine Zeitfalle tappen und klar wird, dass der Verkäufer darauf wartet, dass Sie zuerst zucken. Natürlich laufen Sie Gefahr, den Deal eventuell auch nicht zu bekommen. Aber so ist das nun mal beim Eingehen von Risiken. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit klein ist, ist das Risiko nicht verschwunden. Risiken bewusst und gezielt einzugehen ist bei allen unternehmerischen Entscheidungen notwendig. Wir alle nehmen bewusst Risiken in Kauf, zum Beispiel jedes Mal, wenn wir auf die Autobahn auffahren …

Eventuell interessiert Sie noch, wie die Verhandlung für meinen Schweizer Mandanten ausging? Ich konnte überzeugend an meinen Mandanten appellieren, dem Druck standzuhalten. Es gab nicht genügend Indizien dafür, dass die genannten Deadlines wirklich so wichtig waren, wie vom Manager/Verkäufer proklamiert. Wir nahmen uns die nötige Zeit für den Rest des Prozesses. Beide Parteien machten einen guten, wertschaffenden Deal.

Ich wünsche erfolgreiche Verhandlungen!

Ihr Stephan Jansen