Die Krux mit Unternehmensakquisitionen aus der Krise und Jansen’s Checkliste für Wertgenerierungen bei Zukäufen aus der Insolvenz.
Während sich die Normalbürger um Ihre Gesundheit ängstigen, hamstern unsolidarische Mitbürger Klopapier und die Spinner gehen weiter feiern, als wären sie immun. Mittlerweile ist klar, die geschäftlichen Auswirkungen der Corona-Krise werden bedeutend sein. Nicht nur für Freiberufler und Kleinunternehmer. Auch solche Mittelständler, die im Grunde kerngesund, aber vom Handelskrieg gebeutelt und zusätzlichen Herausforderungen ausgesetzt waren (z.B. der Automobilkrise), könnten an die Grenzen des Fortführungsprinzips kommen. Sorgenvolle Gesichter wohin man blickt. So mancher (Finanz-) Investor hingegen, hat gute Laune und schielt bereits auf bestimmte Assets.
Doch nicht nur Investoren sehen derzeit Opportunitäten. Auch die Stimmung in der Insolvenzbranche ist mehr als gut. Nach jahrzehntelangem Wirtschaftsaufschwung ist nun wieder jede Menge Arbeit in Sicht. Des einen Freud, des anderen Leid.
Den Strategen unter Ihnen möchte ich versichern: Es spricht nichts dagegen, ein Unternehmen aus der Krise zu erwerben. Eine sinnvolle Verwertung oder Weiterführung ist positiv. Außerdem wird es Zeit, dass die gezahlten Multiples wieder den realistischen Unternehmenswerten nahekommen. Viel zu hoch waren die Kaufpreise der letzten fünf Jahre.
Mit der Krise bieten sich demnach vielversprechende Opportunitäten. Das bedeutet also: Je kleiner der Kaufpreis desto besser der Deal. Oder?
An diesem Punkt sollten wir uns den Unterschied eines Assets und eines laufenden Unternehmens in Erinnerung rufen. Während ein Asset kurzfristig zu einem Wert gemacht werden kann, verspricht das Unternehmen lediglich einen Wert, der sich in der Zukunft realisiert. Dieser Unterschied hat wenig mit der Struktur Ihrer Transaktion zu tun, aber sehr viel mit Ihrem Akquisitionsgrund. In „normalen“ Zukäufen sind geplante Kosteneinsparungen oftmals weit schwieriger zu erzielen, als sich dies vor dem Deal dargestellt. Umsatzsynergien sind nicht minder schwierig zu erreichen. Insolvente Firmen aber, haben in der Regel alle Möglichkeiten, Cash zu generieren und Kosten zu drücken, in ihrem Überlebenskampf ergriffen und ausgeschöpft. Zwar liegen in der Insolvenz Möglichkeiten, die im regulären Geschäftsbetrieb meist unzugänglich sind (das schnelle Entlassen von Mitarbeitern, Schuldenverzicht, etc.). Doch große, operative Sprünge und schnelle Änderungen sind auch mit einer kleineren, dafür gezeichneten Mannschaft und dem angekratzten Image der Pleite, kaum zu erwarten.
Aus dieser Sicht sollte es demnach heißen: Je kleiner der Kaufpreis, desto schlechter der Deal!
Stellen Sie sich die Frage, ob Sie sicher sind, dass Sie die Probleme des Targets lösen können, die das Target-Unternehmen selbst nicht im Stande zu lösen war!
Die Krux mit Unternehmenskäufen aus der Krise ist, dass man vermeintlich einen guten Deal macht, eventuell aber ein Asset vor sich hat, das der Markt, richtigerweise endlich bereinigt. Angeschlagene Unternehmen mit gesundem Kern sind seltener und darum auch begehrter, was den Preis in die Höhe treibt. Das eine vom anderen zu unterscheiden, ist nicht immer leicht.
Meiner Erfahrung nach gibt es ein paar wenige, sich jedoch wiederholende Gründe, die Unternehmen in die Pleite treiben. Dazu zähle ich nicht sich plötzlich ändernde Marktsituationen, die durch den Dieselskandal oder die Coronakrisen hervorgerufen werden. Die Ursachen für die Pleiten beginnen nämlich schon viel früher:
- Gesellschafterkrisen: Die Gesellschafter kommen aus verschiedensten Ursachen nicht mehr klar, was weitreichende Konsequenzen hat. Die Abstimmung läuft schlecht, die Moral der Belegschaft wird untergraben, es kommt unweigerlich zur Strategiekrise.
- Strategiekrisen: Diese ist für die meisten nicht greifbar. Und doch ist sie elementar für jedes Unternehmen. Jedes Geschäftsmodel ist nichts weiter, als ausgeführte Strategie. Strategie ist aber nicht statisch, denn der Markt, in dem Unternehmen operieren, ist es auch nicht. Strategie gehört regelmäßig überdacht und „gechallengend“. Szenarien-Planungen hätten so manches Unternehmen unbeschadet durch die Krise führen können. Jedoch möchte kaum ein Unternehmer hierfür Zeit aufwenden, wenn es gerade läuft. Doch nur dann ist es sinnvoll sich mit (drastischen) Zukunftsänderungen zu beschäftigen. Sind sie einmal da…
- Absatzkrisen: Sie folgen unweigerlich auf die Strategiekrisen. Darum sind wir bei Vertriebsoptimierungen stets sehr aufmerksam um Ursachen, die in Strategie oder Führungsthemen wurzeln, nicht zu übersehen.
- Führungskrisen: Wenn Manager keine Entscheidungen treffen können, sich nur auf bestimmte Unternehmensbereiche fokussieren und andere missachten, interne Konfliktherde schwelen und Verantwortlichkeiten ungeklärt sind bzw. Autoritäten hinterfragt werden, ist der Fokus überall, nur nicht dort, wo er sein sollte: Beim Kunden.
Das ganze Agilitätsgequatsche verunsichert mehr als es nützt, wie viele in der Krise jetzt realisieren werden.
Diese 4 selbstgemachten Krisen können einander verstärken bzw. sind sogar oft voneinander abhängig. Kommen zu diesen dann noch zusätzliche, externe Herausforderungen hinzu, werden aus Krisen Pleiten.
Doch zurück zu den Opportunitäten. Der Zukauf aus der Krise bzw. Insolvenz kann durchaus zuträglich sein. Offensichtlich gute Gründe für den Kauf sind Zugang zu Technologien, spezifischem Wissen bzw. Talenten, Markennamen oder Kundenlisten.
Wie auch immer Ihre Rationale für den Kauf am Ende ist, prüfen Sie ausreichend, ob Sie das Werteversprechen, das die Opportunität bietet, auch umsetzen können.
Hierzu Jansen‘s Checkliste für die Wertrealisierung von Unternehmenskäufen aus der Insolvenz:
- Die zugrunde liegenden Ursachen für die Pleite sind geklärt und es gibt gute Gründe, dass diese beseitigt werden können und das Geschäft in neuen Händen erfolgreicher sein wird.
- Die Unternehmensstrategie des eigenen Unternehmens wird durch den Zukauf sinnvoll unterstützt bzw. ergänzt.
- Das Management-Team und die Talente des Targets sind in der Lage, die neuen Wachstumspläne umzusetzen und sind nicht in altem Fehlverhalten gefesselt.
- Synergien, Ziele sowie Integrationskosten und der Finanzierungsbedarf für die Anlaufphase, die allesamt in den Business-Plan einfließen und den Unternehmenswert bestimmen, sind festgehalten.
- Das operative Modell nach der Übernahme ist ausgearbeitet und Anreize, KPIs und Prozesse sind klar.
- Ein Integrationsplan mit Fokus auf schnellen Fortschritt, und dem Erreichen von kritischen Milestones über alle Fachbereiche, ist ausgearbeitet.
- Die notwenige Führung für die Umsetzung der Pläne und das Erreichen der Ziele und KPIs ist vorhanden und der Fokus des Top-Managements liegt bei der Integrationsumsetzung.
Fazit:
Distressed M&A ist kein Thema für Akquisitions-Anfänger. Bei Bolt-On-Akquisitionen bzw. Targets, die Sie bereits kennen, kann der Kauf aus der Krise echten Mehrwert stiften. Auch das ein oder andere Gold-Nugget kann sich unter den Insolvenzen verbergen. Doch Vorsicht ist geboten bei Pleiten, die nicht aus Pech und Pannen erfolgt sind, sondern dadurch, dass sich Unternehmen mit der guten Konjunktur des letzten Jahrzehnts „durchgeschleppt“ haben. Prüfen Sie genau, welche Gründe zur Insolvenz geführt haben und ob Sie, als neuer Eigner, die Probleme des Targets besser lösen können als das Target selbst dies vermochte. Um die Werte Ihrer Transaktion zu sichern, sollte die Post-Merger-Integration einen hohen Stellenwert einnehmen und professionell durchgeführt werden. Deals machen kann jeder. Werte aus M&A-Transaktionen generieren jedoch nur ca. ein Drittel aller Käufer.
Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund!
Ihr Stephan Jansen