Digitale Verhandlungshürden, und wann ein guter Verkaufszeitpunkt für Ihr Unternehmen ist.
Corona hatte den M&A-Markt in eine Schockstarre versetzt. „Rien ne va plus“, hieß es im Jahr 2020. Mittlerweile aber fällt uns das Tragen der Masken leicht. Oder fühlen Sie sich noch komisch, wenn Sie damit auf der Straße oder in Geschäften unterwegs sind? Manchmal vergessen wir bereits – tragischerweise –, dass wir eine Maske tragen.
Ebenso haben sich Investoren und Unternehmer an die neuen Marktbedingungen gewöhnt. Man hofft nun auf möglichst rasche Erholung, gibt Gas, um die Werte des Jahres 2019 wieder zu erreichen, und managt die Mannschaft im Heimbüro über Videokonferenzen.
Corona ist nicht zu unterschätzen, aber das Leben geht weiter. Der M&A-Markt erholt sich zusehends, nicht zuletzt wegen des Kapitals, das in den Markt gepumpt wird, auch wenn dies lange nicht ausreicht und die Amerikaner gerade mal wieder vormachen, wie es richtig geht. Zudem erreicht das Kapital mal wieder vor allem die Spekulanten und leider weniger die Realwirtschaft..
Natürlich ist der Höchststand der Bewertungen für Unternehmensverkäufe in den Monaten vor COVID-19 zu finden. Aber auch jetzt erreichen Verkäufe, je nach Sektor sowie deren Umsatzlage und Profitabilität, sehr gute Preise. Angeheizt durch Finanzinvestoren haben auch strategische Käufer bemerkt, dass der Markt in Schwung kommt, und sind wieder auf Targetsuche.
Sollten Sie mit dem Start des Verkaufsprozesses lieber noch abwarten? Meiner Ansicht nach nur dann, wenn Ihr Unternehmen in der Krise erhebliche Einbußen erlitten hat und Sie zeigen möchten, dass mit dem Aufschwung der Wirtschaft auch Ihre Kennzahlen wieder in altem Glanz erscheinen.
Also alles wie gehabt bei Zukäufen und Verkäufen? Nun, nicht ganz. Lassen Sie mich zur Erklärung kurz ausholen: Virtuell gearbeitet haben wir alle auch schon vor Corona. Aber erst mit dem Lockdown wurde rein virtuelles Arbeiten salonfähig. Anfang letzten Jahres hätte ich selbst nicht gedacht, dass ich meine Verhandlungskurse an der Goethe-Universität auf gleichem Qualitätsniveau und mit den gleichen Ergebnissen für die Teilnehmer durchführen könnte.
Verhandeln ist schließlich eine äußerst praktische Sache. Dafür muss man doch persönlich erscheinen und sich gegenübersitzen. Das war allerdings nicht möglich, und Not macht bekanntlich erfinderisch. Daher transferierte ich kurzerhand alle Tätigkeiten in ein virtuelles Format – mit erstaunlich guten Resultaten! Die Teilnehmer waren aufmerksamer, als ich es zuvor je erlebt hatte, und die Ergebnisse in keiner Weise schlechter als in den Präsenzkursen der vergangenen Jahre.
Zudem lernten alle, welche Unterschiede dann eben doch existieren, wenn wir uns nicht persönlich und physisch gegenübersitzen:
- Der Ton wird schnell ruppiger. Die höhere soziale Distanz zu unserem Gegenüber bei der Videotelefonie macht das Entwickeln einer Beziehung schwieriger. Virtuell haben wir, selbst mit Videobild, eine niedrigere Hemmschwelle.
- Man investiert weniger Zeit und Aufwand in die Besprechungen. Es gibt keine Anreise, und mit nur einem Klick ist man wieder im Heimbüro. Daher sinkt auch die Bereitschaft, Hürden zu überwinden, man hat ja gefühlt kaum etwas investiert.
- Die Akteure werden schneller ungeduldig. Wir sind es gewohnt, dass sich Dinge virtuell schneller erledigen lassen, und nehmen uns nicht mehr die nötige Zeit.
- Man ist leichter abgelenkt. Der PC ist immer online, und mit einem Auge schielt man auf die eingehenden E-Mails. Die Gespräche verlaufen oberflächlicher und distanzierter.
- Missverständnisse häufen sich. Da die Distanz und die geminderte Wahrnehmung der sozialen Interaktionen leichter Fehlinterpretationen zulassen, verstehen wir einander weniger gut.
Hieraus können wir schlussfolgern, dass die Wahrscheinlichkeit, komplexe Probleme virtuell zu lösen, sinkt.Denn dafür ist häufig auch Kreativität gefordert, und die kommt zu kurz, wenn wir uns nicht persönlich und häufig zusammenfinden. Nicht zu unterschätzen sind im Homeoffice auch die Auswirkungen auf die vielen Unterbrechungen im Denkprozess, z. B. durch Kinder im Homeschooling, die die Aufmerksamkeit der Eltern fordern, oder das Klingeln an der Tür durch Paketzusteller.
Kurzum, der Verkaufsprozess ist heute, da großteils virtuell geführt, etwas anstrengender als noch vor Corona. Ohne eine persönliche Besichtigung des Gewerbes bzw. der Räumlichkeiten und ohne ein persönliches Treffen der Akteure, das spätestens zum Ende des Prozesses stattfindet, wird aber kaum jemand ein Unternehmen kaufen. Mit der notwendigen Vorbereitung sind die Hindernisse in der Krise meist gut zu umschiffen und M&A-Verkäufe und -Akquisitionen weiterhin gut möglich.
Was nach wie vor gleichgeblieben ist, ist, dass professionelles Verkaufen bedeutet, dem schmalen Grat zwischen Substanz und Marketing trittsicher zu folgen. Als Verkäufer sollte einem stets bewusst sein: Ich verkaufe kein Auto, sondern ein Unternehmen. Das heißt, dass der Verkauf auf einer individuellen Wachstumsgeschichte aufgebaut sein muss. Der Verkauf folgt einem Prozess, der beim ersten Mal funktionieren muss, um einen möglichst hohen Wert zu generieren – für den Verkäufer, die Mitarbeiter und die übrigen Stakeholder.
Um erfolgreich Unternehmen zu verkaufen, benötigen Veräußerer vor allem drei Dinge:
- Eine klare Vorstellung davon, wo die Werttreiber des Assets liegen.
- Ein Verständnis davon, wer sich im Käuferuniversum für das Asset interessierten wird.
- Einen Plan für die Durchführung des Prozesses und die Erfahrung, um diesen meistern zu können.
Alles andere, was mit dem Verkaufsprozess zu tun hat, kann mit Fleißarbeit erreicht werden.
Wo die Werttreiber des Assets liegen, müssen die Verkäufer zu Beginn des Verkaufsprozesses meist erst herausarbeiten. Die Darstellung des aktuellen Geschäfts wird manchmal so sehr aus der eigenen Perspektive gesehen, dass eine Aufbereitung der Zahlen für den jeweiligen Käufertypus notwendig wird. Verkäufer sollten auch bedenken, dass Umsatzeinbrüche oder Verschlechterungen von Margen in der Krise in vielen Sektoren unumgänglich waren.
Um so wichtiger ist die Darstellung des Business Plans, d. h., die vorwärts gerichteten Schätzungen der Umsätze und Kosten bis hin zum freien Cash-Flow. Auf einen solchen Plan werden sich die Investoren konzentrieren und einzuschätzen versuchen, ob die Verschlechterung nur krisenbedingt war und wie sich eine Erholung in den folgenden Jahren einstellen wird.
Eine Unternehmensbewertung für Ihr Unternehmen ist Pflicht, denn nur im Erstellungsprozess erlangen die Verkäufer Klarheit über realistische, anzunehmende Wertspannen. Zudem ist die oben beschriebene Projektion des Geschäfts im Business Plan ein wichtiger Teil der Verkaufsstory.
Ein Problem, das wir häufig vorfinden, ist auch, dass die Unternehmensstrategie nicht eindeutig und nachvollziehbar mit den Werttreibern verknüpft wird. Investoren wollen wissen: Welche Produkte, Dienstleistungen und Entwicklungen sorgen in der Zukunft für das Unternehmenswachstum? Vertrauen manifestiert sich auf Käuferseite erst dann, wenn die Daten, Zahlen und Fakten über alle unterschiedlichen Verkaufsdokumente hinweg schlüssig und vor allem konsistent sind. Gehen Annahmen nicht auf und zeigen sich zum Beispiel Widersprüche zwischen dem Verkaufsprospekt und den Finanzkennzahlen, springen Investoren schneller ab, als Sie gucken können.
Da Kaufentscheidungen nicht nur von Daten und Fakten, sondern auch von Gefühlen beeinflusst werden, kann die richtige Kommunikation und Präsentation nicht nur die Kaufentscheidung herbeiführen, sondern auch den Preis beeinflussen. Um der kürzeren Aufmerksamkeitsspanne in virtuellen Prozessen Rechnung zu tragen, sollten geplante Meetings kürzer angesetzt werden, als dies bei persönlichen Treffen der Fall ist. So sollten Managementpräsentationen, die schnell 45 Minuten lang sein können, z. B. auf je 15 Minuten gekürzt werden. Um dennoch die notwendigen Informationen bereitzustellen, empfiehlt es sich, die Fragen und Antworten nach der Präsentation ausführlich und mit offenem Ende abzuhalten und die Folien zu gewissen Themen auf Abruf bereit zu haben.
Bei der Durchführung des Verkaufsprozesses spielt Erfahrung eine große Rolle. Erst nach ca. 20 bis 30 Verkäufen haben angehende M&A-Profis alle wesentlichen Faktoren und deren Nuancen, die das Ergebnis maßgeblich beeinflussen, kennen und lenken gelernt.
Der erste Schritt beim Unternehmensverkauf ist die Vorbereitung. Hier das Woorkbook: In 5 Schritten Deinen Unternehmensverkauf vorbereiten. Wie Du einen fairen Preis für Dein Unternehmen erhältst.
Beyond the Deal berät und begleitet Unternehmer bei Unternehmensverkäufen, Teilverkäufen, Separierungen und Carve-Outs, Einbringung und Übertragung von Unternehmensanteilen sowie allen notwendigen Schritten zu deren Durchführung (Unternehmensbewertung, Due-Diligence-Vorbereitung etc.) und in schwierigen Verhandlungssituationen.