Welche Unternehmenskultur soll überleben?
Die Unternehmenskultur erfolgreich gestalten nach dem Deal – Post Merger Integration
Die Änderung von Unternehmenskultur nach einem Merger sind weiterhin ein ungelöstes Mysterium, so mag man glauben, wenn man die Vielzahl an Literatur, Artikel und Neuerscheinungen hierzu betrachtet. Ich denke, das ist übertrieben. Sicherlich sind große Unternehmenskultur -Projekte nach Megamergern ganz besondere Herausforderungen, aber viele meiner Kunden denken in wesentlich kleineren Maßstäben. Auch dann ist Unternehmenskultur ein ernstes Thema, dem man sich stellen muss, aber es geht auch pragmatisch, praktisch und trotzdem gut, wenn man ein paar Dinge beachtet. Diese will ich mit dieser Serie ansprechen.
Als Roche im Frühjahr 2009 Genentech kaufte, war ich Teil des M&A Teams in Basel. Wir waren vorbereitet für die Transaktion, nicht aber für das, was danach kam. Severin Schwan wollte, dass die Genentech-Kultur ein zentraler Bestandteil der neuen Unternehmen wurde. Ich kenne kein anderes Beispiel, in dem bei derartig großen Deals die Kultur des Käufers zurückstehen sollte, um ersetzt zu werden.
Tatsächlich zeigen die Erfahrungen mit PMI-Projekten der letzten Jahrzehnte, dass die Versuche zwei Kulturen gleichmäßig zu vereinen, also das Beste aus zwei Welten zusammenzubringen, meist zum Scheitern verurteilt sind. Ganz nach dem Motto: „Es kann nur einen geben“, wird also der Verlierer enthauptet? Ganz so kopflos sollte man an die Sache natürlich nicht herangehen. Auch ich bin der Meinung, dass zwei Unternehmenskulturen nicht parallel nebenher existieren können. Wohl aber ist es möglich, eine neue, gemeinsame Kultur zu formen und gewisse Elemente aus der neuen Kultur des Targets mitzunehmen. Man kann eine bessere Kultur schaffen, nur passiert dies nicht einfach so. Dies sind die Voraussetzungen für ein Kultur-Änderungsprojekt, das gelingen kann:
Beide Parteien müssen sich im Klaren sein, was ihre Kultur eigentlich ausmacht.
Nur wenn der „Culture-Code“ entschlüsselt vor den Beteiligten liegt, kann auch entschieden werden, was wovon abweicht und integriert werden soll. Denn Unternehmenskulturen haben viele Schichten. Nur eine dieser Schichten drückt sich in Prozessen und Aktivitäten aus. Auch Werte und Normen, Symbole und Rituale sind ein tief sitzender Teil dessen, was Kultur im Unternehmen ausmacht.
Was war zuerst da, die Werte oder die Prozesse?
Anders als man eventuell vermuten mag, bilden sich Werte durch Praktiken. Kulturwandel muss daher zwingend von außen nach innen stattfinden. D.h., dass neue Verhaltensweisen proaktiv vorgelebt werden müssen. Nur so lassen sich alte Gewohnheiten ändern. Und vielleicht ahnen Sie es jetzt? Gewohnheiten ändern? Oje! Ja, genau. Es ist anstrengend. Aber es kann klappen: Ausdauer, Disziplin, Übung und schnelle Erfolge sind hierfür das Geheimrezept.
Die Unternehmensführung muss hierzu eine zentrale Rolle einnehmen.
Einfach mal ein inspirierender Vortrag darüber, was im Rahmen eines Veränderungsprogramms der Unternehmenskultur jetzt anders gemacht wird, reicht nicht aus. Das Wunschverhalten muss vorgelebt werden. Nicht nur einmal, sondern immer wieder. Das Top-Management muss langfristig hinter diesen Projekten stehen und sie aktiv begleiten.
Kommen wir also nochmals zurück zum Anfang: Welche Kultur soll überleben? Nur eine. Optimieren ist erlaubt, zuschauen und erwarten, dass es sich schon regeln wird, ist es nicht.
Die meisten Konzerne haben heute Abteilungen, deren einzige Aufgabe es ist, Integrationen nach M&A Deals zu planen und auszuführen. Zwar wird auch dort die PMI zu oft noch zu stiefmütterlich behandelt. Doch immerhin wird an die PMI gedacht und eine PMI umgesetzt.
Auch mittelständische Unternehmen sollten sich die Ressourcen sichern, um eine PMI planen und durchführen zu können. Am besten ist, die Post Merger Integration noch während des laufenden M&A Deals zu planen, um vom „Day One“ an sofort mit der Umsetzung beginnen zu können.
Die Planung der PMI während der Akquisition hat noch mehr Vorteile. Wer schon in der Due Diligence PMI-Themen abfragt, hat später weniger böse Überraschungen.
Mehr zu Post Merger Integration bei Beyond the Deal.
Stephan Jansen